FEUERBACH, LUTHER UND DIE ZUKUNFT DES PROTESTANTISMUS

Kurzreferat auf der Feuerbach-Tagung Bielefeld 1989

Erhofft sich der Hører eine geistesgeschichtliche Prognose oder ein theologisches, bzw. philosophisches Programm? Kann man sich für das Eine ohne das Andere entscheiden?

1. Der Begriff "Protestantismus" bei Feuerbach selbst.

P. ist für F. Luthertum. Mit Hinweis auf Luther und dem Lutherischen Protestantismus, der schon die Reduktion des Gottesglaubens auf Anthropologie auf religöse Weise durchgeführt hatte, entschied sich F. für den P. als Paradigma der Religion, die er in Anthropologie aufheben wollte.

2. Wie stellt sich Feuerbach der Zukunft des Protestantismus vor?

F. stellte sich kaum ein Aussterben der herkömmlichen Religion in der absehbaren Zukunft vor. So war er sich der Notwendigkeit einer aufklärerischen Tätigkeit wohl bewußt.

3. Die Lage der heutigen abendländischen Kultur angesichts der Erwartungen Feuerbachs.

Zur weiteren Säkularisierung dem Geschichtsbild F.s gemäß gibt es in den letzten Jahrzehnten auch bedeutende Gegen-bewegungen: Eine Neureligiosität unter erstaunlichem Einfluß fernöstlicher Religiosität, ein Aufblühen des charismatischen Christentums und eine beachtenswerte Entfaltung des religiösen Lebens in der Kirche in den sozialistischen Ländern, vor allem im Zuge der 'Glasnost'. In der ethischen Diskussion um ökologische Krise und Herausforderungen der Biotechnologie hat sich der christliche Schöpfungsglaube als Fundament einer Sinndeutung der Wirklichkeit wieder auf dem Plan gezeigt.

4. Verhaltensweisen der protestantischen Theologie zu Feuerbachs Religionskritik.

Der Weg der konsequenten Säkularisierung des Christentums ("Tod-Gottes-Theologie" u.ä.) scheint nicht unbedingt in die Zukunft zu weisen. Die Religion läßt sich augenscheinlich in der Richtung eines konsequenten Feuerbachianismus nicht leiten, weder in einer radikal existenzialistischen noch in einer rein politischen Fassung.

Die scheinbar entgegensetzte Lösung, die Auslieferung der Religion an die atheistische Kritik um den christlichen Glauben als Offenbarungsglauben behalten zu können, wird noch befürwortet, ist aber schon deshalb fraglich, weil F. selbst einen "Offenbarungsglauben" dieser Art unter dieselbe Kritik als die sonstige Religion gestellt hat.

Es bleiben andere Versuche zu betrachten, die ein Proprium der Religion zu behaupten. Interessant ist vor allem hier das Argument von der her, die Religion sei eben für das Menschsein konstitutiv. Unsicher ist, ob solche Versuche auch der Feuerbachschen Verdacht unterliegen würden, sie bedeuteten selbst eine Anthropologisierung der Religion, d.h. eine letzliche Identifisierung von Gott und Mensch.

5. Der Protestantismus der Zukunft.

Eine allgemeine Auflösung P. in einem eindeutigen profanen Humanismus im Sinne F.s ist schwer vorstellbar. Doch wird nur ein Protestantismus der in Auseinandersetzung mit der Kritik F.s um sein Proprium und um seine gegenwärtige Sinnbezogenheit ringt, eine Zukunft haben. Er ist wahrlich der Theologie ein Pfahl ins Fleisch, der nicht weichen wird oder weichen soll.

Arve Brunvoll